Sehr geehrte Damen und Herren,

die befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze (1.7.-31.12.2020) führt vermehrt zu Anfragen der steuerlichen Behandlung von Leergut und Pfand bei der Rücknahme.

In dem begleitenden BMF-Schreiben zur Umsatzsteuerabsenkung vom 30.06.2020 wurde unter Randziffer 31 folgende Anweisung und Erläuterung getroffen:

Nimmt ein Unternehmer Leergut zurück und erstattet einen dafür gezahlten Pfandbetrag, liegt eine Entgeltminderung vor. Der Unternehmer hat die geschuldete Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten wird zugelassen, die Steuerberichtigung nachfolgendem vereinfachten Verfahren vorzunehmen:

Erstattet der Unternehmer Pfandbeträge in der Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. September 2020, ist die Umsatzsteuer, soweit die zugrundeliegenden Umsätze dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, nach dem bis zum 30. Juni 2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 19 Prozent zu berichtigen. Bei der Erstattung von Pfandbeträgen nach dem 30. September 2020 ist die Umsatzsteuer nach dem ab 1. Juli 2020 geltenden allgemeinen Steuersatz von 16 Prozent zu berichtigen. Bei dem Dreimonatszeitraum wird davon ausgegangen, dass der Bestand an Warenumschließungen sich viermal jährlich umschlägt. Bei kürzeren oder längeren Umschlagzeiträumen ist der Zeitraum, in dem die Entgeltminderungen noch mit dem Steuersatz von 19 Prozent zu berücksichtigen sind, entsprechend zu kürzen oder zu verlängern, wobei der durchschnittliche Umschlagszeitraum im Benehmen zwischen Unternehmer und Finanzamt zu ermitteln ist. Für Umsätze, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, gilt diese Vereinfachung entsprechend.

Insgesamt ist aufgrund der Vielzahl von Pfandartikeln der Anwendungsumfang fraglich. Eine gesetzliche Definition von Leergut ist nicht vorhanden.

Jedoch hat das BMF bereits am 05.11.2013 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von sogenannten Transportverhältnissen Stellung bezogen.

Der Begriff Leergut im Sinne des BMF-Schreiben vom 30.06.2020 und damit die Anwendung der Erleichterungsregelung ist nur auf sogenannte Umverpackungen bzw. Warenumschließungen anzuwenden. Dies sind innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, welche für die Lieferbarkeit von Waren an den Endverbraucher notwendig (z.B. Flaschen) oder üblich (z.B. Getränkekasten) sind oder unabhängig von ihrer Verwendung als Verpackung keinen dauernden selbständigen Gebrauchswert haben.

Nicht anwendbar ist die Regelung auf sogenannte Transporthilfsmittel. Darunter fallen zum Beispiel:

  • Getränke-Paletten
  • H1-Kunststoffpaletten
  • Kisten (z.B. Ernteboxen),S
  • Steigen und Container für Blumen, Obst und Gemüse
  • Rollcontainer
  • Fleischkästen
  • Fischtransportkisten
  • Shipper-Boxen für Kartoffeln und Zwiebeln

Diesen Transporthilfsmitteln ist gemeinsam, dass sie für logistische Aktivitäten innerhalb des Unternehmens, aber auch beim Durchlaufen von Handelsstufen, an denen mehrere Unternehmer beteiligt sind (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler), eingesetzt werden. Sie werden grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert.

Die Hingabe des Transporthilfsmittels gegen Pfandgeld ist als eigenständige Lieferung und die Rückgabe gegen Rückzahlung des Pfandgeldes als Rücklieferung zu beurteilen. Die Hin- und Rücklieferung unterliegen dem Regelsteuersatz nach § 12 Absatz 1 UStG.

Warenumschließungen teilen im Gegensatz hierzu weiterhin stets das Schicksal der Hauptleistung und unterliegen somit den steuerlichen Regelungen der eigentlichen Hauptleistung. Bei Rücknahme der Warenumschließung und Rückzahlung des Pfandgeldes liegt eine Entgeltminderung vor.

Die anzuwenden Umsatzsteuersätze haben wir Ihnen in der Tabelle dargestellt.

Art Besteuerung der
ursprünglichen
Lieferung (bis
30.06.2020)
Besteuerung der
Rücklieferung
zwischen 01.07.2020
und 30.09.2020
Besteuerung der
Rücklieferung ab
01.10.2020
Warenumschließungen
z.B. Getränkekisten
und Flaschen
19 % USt 19% USt 16 % USt
Warenumschließungen
z.B. Milchflaschen,
Joghurtgläser
einschließlich
zugehöriger Kästen
7 % USt 7 % USt 5 % USt
Transporthilfsmittel
(Europaletten)
19 % USt 16 % USt 16 % USt

Wir weisen daraufhin, dass falsch ausgestellte Rechnungen zur Behandlung nach § 14c UStG führen, siehe unser Rundschreiben zur Umsatzsteuerabsenkung.

Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Annaberg-Buchholz, den 10. August 2020

Mit freundlichen Grüßen

Lars Schubert Marco Steinicke
Wirtschaftsprüfer Steuerabteilung